Hämochromatose | Vivomed, Gastroenterologie Bern

Ursachen, Diagnose und Behandlung

Hämochromatose, auch bekannt als „Eisenspeicherkrankheit“, ist eine genetische Störung, die zu einer übermäßigen Eisenansammlung im Körper führt. Dies kann langfristig zu schweren Schäden an Organen wie Leber, Herz und Bauchspeicheldrüse führen. Diese Seite bietet eine Übersicht über Ursachen, Symptome, Diagnostik und Therapieoptionen basierend auf aktuellen Leitlinien und Konsensempfehlungen.

Ursachen der Hämochromatose

Hämochromatose wird in den meisten Fällen durch Mutationen im HFE-Gen verursacht, insbesondere durch die p.C282Y- und p.H63D-Varianten. Diese genetischen Veränderungen führen zu einer erhöhten Eisenaufnahme aus der Nahrung. Es gibt auch seltenere genetische Varianten und erworbene Formen, die zu Eisenüberladung führen können.

Symptome der Hämochromatose

Hämochromatose zeigt sich häufig erst nach Jahren, da die Eisenansammlung schleichend erfolgt.

Häufige Symptome

Frühstadium: Müdigkeit, Gelenkschmerzen (besonders in Händen), Bauchschmerzen

Spätstadium: Lebererkrankungen (z. B. Zirrhose, Leberkrebs), Herzprobleme (Arrhythmien, Herzinsuffizienz), Hormonelle Störungen (z. B. Diabetes, Hypogonadismus), Hautveränderungen (dunklere Pigmentierung)

Diagnostik

Schritt 1: Laboruntersuchungen

  • Transferrinsättigung: Erhöhungen über 45 % bei Frauen und 50 % bei Männern deuten auf eine Eisenüberladung hin.
  • Serumferritin: Werte >200 µg/L bei Frauen und >300 µg/L bei Männern sind verdächtig.

Schritt 2: Genetische Tests

  • HFE-Mutationstests: Bei persistenter Erhöhung der Eisenparameter oder positiver Familienanamnese wird ein Test auf p.C282Y und ggf. p.H63D empfohlen. Voraussetzung ist die informierte Einwilligung
  • Spezialfälle: Seltene genetische Varianten sollten bei jungen Patient:innen mit schweren Manifestationen wie Lebererkrankungen, Kardiomyopathie oder Amenorrhö untersucht werden 

Schritt 3: Bildgebung

  • MRT: Wichtig zur Quantifizierung der Eisenkonzentration in Leber, Herz und anderen Organen. Besonders bei unklarer Hyperferritinämie oder Verdacht auf fortgeschrittene Lebererkrankungen 
  • Lebersteifigkeitsmessung (Elastographie): Kann eingesetzt werden, um fortgeschrittene Fibrosen auszuschließen 

Schritt 4: Leberbiopsie

  • Einsatzgebiete: Bei unklarer Ursache von Hyperferritinämie (>1.000 µg/L) oder erhöhten Leberwerten kann eine Biopsie zur Beurteilung der Fibrose durchgeführt werden 
  • Nicht empfohlen: Zur Diagnose der Eisenüberladung oder bei bereits klar diagnostizierter Zirrhose

Behandlung

Eisenentzug

  • Aderlass-Therapie: Erste Wahl bei Eisenüberladung. Ziel ist eine Serumferritinkonzentration von 50 µg/L 
  • Alternativen: Erythrozytapherese kann in speziellen Fällen eingesetzt werden (Konsens: 94 %). Eisenchelation (z. B. Deferasirox) ist eine Zweitlinien-Therapie und nur in Ausnahmefällen indiziert.

Lebensstilmodifikationen

  • Eisenarme Ernährung: Verzicht auf eisenreiche und -angereicherte Lebensmittel.Einschränkung von rotem Fleisch und Vitamin-C-Präparaten.
  • Alkoholverzicht: Besonders bei Lebererkrankungen oder in der Eisenentzugsphase
  • Infektionsprophylaxe: Vermeidung von rohen Meeresfrüchten und Kontakt mit Meerwasser in betroffenen Regionen aufgrund des Risikos seltener Infektionen durch siderophile Pathogene wie Vibrio vulnificus.

Langzeitmanagement

Kontrolle der Lebergesundheit

  • Patient:innen mit Zirrhose sollten regelmäßig auf hepatozelluläres Karzinom (HCC) untersucht werden, unabhängig von der Eisenentleerung (alle 6 Monate).
  • Auch bei fortgeschrittener Fibrose (METAVIR F3) ist ein HCC-Screening empfohlen 

Herz-Kreislauf-Beteiligung

  • Bei schwerer Eisenüberladung oder Symptomen wie Herzinsuffizienz wird eine kardiologische Untersuchung (z. B. Kardio-MRT) empfohlen (Konsens: 100 %).

Schwangerschaft

  • Therapeutische Aderlässe können in der Schwangerschaft pausiert werden, wenn keine schweren Eisenüberladungen vorliegen (individuelle Bewertung, Konsens: 93 %).