Definition: Hepatitis D ist eine durch den Hepatitis D-Virus (HDV) ausgelöste Leberentzündung. Das Virus zählt zu den nackten RNA-Viren und wurde früher auch Delta-Virus genannt. Die Infektion tritt nur in Verbindung mit einer Hepatitis B-Infektion auf.
Weltweit sind mehr als 10 Millionen Menschen mit HDV infiziert. In Süditalien, Zentralafrika und dem vorderen Orient tritt HDV wesentlich häufiger auf. Dort ist die Durchseuchung mit HDV bei HBsAg-Trägern bis zu 90% (Menschen, die eine HBV-Infektion durchgemacht haben oder durchmachen, sind zumeist HBsAg-Träger).
Die virale Hepatitis D wird durch den zur Familie der Hepadnaviren (Hepadnaviridae) gehörenden Hepatitis D-Virus ausgelöst. Von dem Virus sind drei verschiedene Genotypen bekannt:
Ähnlich wie HBV kann HDV über drei verschiedene Infektionswege übertragen werden:
Häufig wird es sexuell übertragen. Über verseuchte Spritzenbestecke, Blut und Blutprodukte kann es jedoch auch parenteral über die Blutbahn übertragen werden. Ebenso wie HBV besteht zusätzlich das Risiko, HDV während der Geburt, perinatal, von der Mutter auf das Neugeborene zu übertragen.
Die Inkubationszeit von HDV-HBV-Koinfektionen liegt zwischen drei und sieben Wochen, kann aber auch bis zu sechs Monate dauern.
Nach der Infektion dringen die HB-Viren in die Leberzellen, die Hepatozyten, ein. Dort wird ihre RNA in den Zellkern geschleust. Um sich zu vermehren, braucht das HD-Virus zwingend das HBV. Der genaue Mechanismus hinter der Replikation und Infizierung mit HDV ist noch nicht bekannt. Im Gegensatz zu HBV ist HDV allerdings selbst zytotoxisch und löst nur an den Leberzellen selbst Schäden aus. Eine Superinfektion aus HBV und HDV bewirkt deshalb schwere Läsionen in der Leber.
Es wird zwischen einer Superinfektion mit HBV und HDV und einer Simultaninfektion oder Koinfektion eines HBsAg-Trägers mit HDV unterschieden. Die HBV+HDV-Superinfektion ist die häufigere Form.
Meist tritt die Superinfektion auf, wenn die HBV-Infektion von einer replikativen in eine nicht-replikative Form übergeht, das HBe-Ag verloren geht und Anti-HBe auftritt. Die Simultaninfektion von HBV und HDV ist seltener. Sie ist meist gekennzeichnet durch einen zweizeitigen Anstieg der Transaminasen: zunächst durch die HBV-Infektion und anschließend ein zweites Mal durch die HDV-Infektion.
Die Symptome sind zunächst unspezifisch mit einem Krankheitsgefühl, Appetitlosigkeit und einem Druck im rechten Oberbauch. Im Verlauf kommt es zur Gelbsucht (Ikterus). Auch dunkler Urin und heller Stuhl zählen zu den auftretenden Symptomen. Generell können die gleichen Symptome wie bei einer einfachen HBV-Infektion auftreten. Superinfektionen verursachen jedoch meist schwerere akute Krankheitssymptome und haben mit fünf bis 20% ein wesentlich höheres Risiko für einen fulminanten Verlauf.
Am Anfang der Diagnostik steht die Anamnese. Wie bei anderen viralen Hepatitiden sollte auch hier der gesamte mögliche Inkubationszeitraum von mehreren Monaten rückwirkend abgefragt werden. Zusätzlich sollten die Reiseanamnese und das Risikoprofil des Patienten erfragt werden.
Bei Verdacht auf eine HDV-Infektion erfolgt zunächst eine HBV-Labordiagnostik. Sind HBsAg, HBV-DNA oder beide Titer im Serum positiv, sollten mittels ELISA die HDV-RNA sowie anti-HDV-IgM bestimmt werden. Im Falle einer Superinfektion eines HBsAg-Trägers mit HDV sind anti-HDV-IgM und HDV-RNA positiv, anti-Hbc-IgM negativ und HBsAg persistierend positiv. Bei Simultaninfektion von HBV und HDV sind anti-HDV-IgM und HDV-RNA ebenfalls positiv. Im Gegensatz zur Superinfektion sind aber auch anti-Hbc-IgM positiv und HBsAg anfangs positiv. Zusätzlich werden die Leberenzyme wie GOT und GPT sowie Cholestaseparameter mit AP und gamma-GT bestimmt, um den Zustand der Leber zu evaluieren.
Ist eine Superinfektion durch das Labor bestätigt worden, kann eine Leberbiopsie erfolgen, um auch immunhistochemisch im Gewebe HBV und HDV nachzuweisen und um einen Eindruck davon zu bekommen, wie der aktuelle Zustand der Leber ist. Eine Biopsie ist jedoch nicht zwingend notwendig. Eine nichtinvasive Methode um die Gewebestruktur der Leber beurteilen zu könne ist die Leberelastografie (Fibroscan) die sonographisch bei Vivomed durchgeführt wird. .
Die Behandlung einer Coinfektion von Hepatitis B (HBV) und Hepatitis D (HDV) erfordert eine umfassende Herangehensweise, da die beiden Viren in enger Wechselwirkung stehen. Die Therapieziele sind darauf ausgerichtet, die Virusvermehrung zu unterdrücken, die Leberentzündung zu reduzieren und das Fortschreiten der Lebererkrankung zu verhindern. Hier sind einige Aspekte der Behandlung:
Interferon-Behandlung:
Hepatitis D-spezifische Therapie:
Kombinationsbehandlung:
Regelmäßige Überwachung:
Lebertransplantation:
Es ist wichtig zu beachten, dass die Behandlung einer Coinfektion von Hepatitis B und D komplex ist und von vielen Faktoren abhängt, einschließlich des Stadiums der Lebererkrankung, der Viruslast und der individuellen Patientenmerkmale. Die Entscheidung über die beste Therapie sollte von einem erfahrenen Hepatologen oder Infektionskrankheiten-Spezialisten getroffen werden.
70 bis 90% der HDV-Fälle haben einen schweren chronischen Verlauf. Das Risiko für Leberzirrhosen ist deutlich höher als bei Hepatitis B, ebenso die Letalität.
Da ähnlich wie bei der Hepatitis B auch ein erhöhtes Risiko für Leberzellkarzinome wie das hepatozelluläre Karzinom (HCC) bestehen, sind Verlaufskontrollen in regelmäßigen Abständen notwendig. Diese können, je nach Stadium der Erkrankung, halbjährlich bis jährlich durchgeführt werden.
Das Hepatitis D Virus kann sich in der Leber nur vermehren, wenn gleichzeitig eine HBV-Infektion vorliegt oder der Patient HBsAg-Träger ist. Eine Impfung gegen HDV gibt es nicht. Um das Risiko für HDV-Infektionen zu reduzieren, hilft jedoch eine HBV-Impfung, da der HDV-Infektion so die Grundlage entzogen wird.
Neben der Impfung sollten risikogefährdete Personen wie HBsAg-Träger und HBV-Infizierte Vorsichtsmaßnahmen und generelle Hygienemaßnahmen ergreifen. Der Kontakt mit möglicherweise kontaminierten Körperflüssigkeiten sollte vermieden werden. Ebenso sollte bei jedem Geschlechtsverkehr ein Kondom verwendet werden, um die sexuelle Ansteckungsgefahr gering zu halten.