Das Pfeiffersches Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose oder kissing disease) wird ausgelöst durch das Ebstein-Barr-Virus. Es verläuft meist komplikationslos und heilt von alleine aus. Weltweit liegt die Durchseuchungsrate bei mehr als 90%.
Definition
Das Pfeiffersche Drüsenfieber ist eine virale Infektion. Auslöser ist das Epstein-Barr-Virus (EBV). Die Infektion ähnelt symptomatisch einer Mandelentzündung (Tonsillitis), unterscheidet sich jedoch deutlich im Blutbild und im Blutausstrich von dieser. Vom Krankheitsbild her handelt es sich um eine infektiöse Mononukleose.
Epidemiologie
EBV-Infektionen sind häufig. Das Erregerreservoir für EBV ist ausschließlich der Mensch. Weltweit beträgt die Durchseuchungsrate bei Erwachsenen zwischen 80 und 95%. In Westeuropa sind bis zum Alter von 30 Jahren mehr als 95% der Erwachsenen mit EBV infiziert bzw. haben eine Infektion durchgemacht. In mindestens der Hälfte der Fälle verläuft die Erkrankung asymptomatisch oder wird fälschlicherweise für eine Mandelentzündung oder einen grippalen Infekt gehalten. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr. In Entwicklungsländern ist die maximale Durchseuchung häufig bereits im Kindesalter zwischen zwei und fünf Jahren erreicht.
Ursachen
Auslöser des Pfeifferschen Drüsenfiebers ist das Epstein-Barr-Virus (EBV). Der Erreger zählt zu den Gamma-Herpesviren und ist ein DNA-Virus. Es wird auch Humanes Herpes-Virus-4 (HHV-4) genannt. Unterschieden wird zwischen zwei Typen, dem EBV Typ 1 und EBV Typ 2 sowie zahlreichen EBV-Stämmen, die regional vorkommen. Beide können das Pfeiffersche Drüsenfieber auslösen.
Pathogenese
Übertragen wird EBV meist oral durch den Speichel. Daher kommt der umgangssprachliche Name „kissing disease“/Kusskrankheit oder College-Krankheit. Sie kann allerdings auch durch Tröpfcheninfektion beim Husten oder Niesen weitergegeben werden. Während des Pfeifferschen Drüsenfiebers, aber auch nach der infektiösen Mononukleose, scheiden so gut wie alle Patienten das Virus wochen- bis monatelang aus. Schätzungsweise 20-30% der Infizierten bleiben ihr Leben lang aktive Ausscheider, auch wenn sie weder Symptome aufweisen noch krank sind.
Nachdem sich ein Mensch über kontaminierten Speichel mit EBV infiziert hat, dauert es zwischen ein und sieben Wochen, bis Symptome auftreten. Jugendliche erkranken meist bereist innerhalb von zehn bis 14 Tagen, während Erwachsene generell eher vier bis acht Wochen inkubieren, bis sich erste Symptome zeigen. Zunächst befallen die Viren die Tonsillen (Lymphknoten im Rachenraum) und infizieren die dort stationierten B-Lymphozyten. Diese wandern aus den Lymphknoten aus und verbreiten das Virus im gesamten Körper, vor allem auch in Leber und Milz. Die infizierten B-Lymphozyten vermehren sich und bilden sogenannte Gedächtnis-B-Zellen im Blutkreislauf. Ist die Infektion akut, stimuliert die infektiöse Mononukleose die B-Zellen zusätzlich. Heterophile Antikörper werden produziert und das „immunologische Chaos“ entsteht.
Das Immunsystem erkennt die sich stark teilenden, befallenen B-Zellen, greift sie mit großen, atypischen, mononuklären CD8+-Zellen und Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) im Blut an und lysiert sie. Um dem Immunsystem zu entkommen, wird durch das EBV virsukodiertes IL-10 gebildet, dass die Aktivität der NK-Zellen und der zytotoxischen T-Lymphotzyten hemmt. So können die infizierten B-Lymphozyten das Epithel in der Mundhöhle und der Ohrspeicheldrüse im Verlauf der Erkrankung erneut infizieren. Die klassischen Symptome des Pfeifferschen Drüsenfiebers entstehen.
Symptome
Je jünger die betroffenen Patienten sind, um so häufiger verläuft die Erstinfektion asymptomatisch. Unter fünf-jährige Kinder zeigen meist gar keine Symptome oder unspezifische Infektzeichen eines oberen Atemwegs mit hohem Fieber und hochrotem Rachen. Ältere Patienten bilden häufiger eine volle akute infektiöse Mononukleose aus. Charakteristisch ist bei Erwachsenen die Symptomtrias aus fieberhafter Angina tonsillaris (Halsentzündung) und Pharyngitis („rauem Hals“) plus Lymphknotenschwellung und dem typischen Blutbild mit absoluter und relativer Lymphozytose mit atypischen Lymphozyten, den sogenannten Virozyten.
Zusätzlich kann in ca. 50% der Fälle die Milz vergrößert sein (Splenomegalie). Hier ist vorsichtig geboten, denn die Milzvergrößerung kann so fulminant verlaufen, dass sie reißt und es zur Milzruptur kommt. Es sind Schwellungen von über 500 g möglich.
Weitere Symptome können sein:
- eine Hepatitis mit Gelbsucht (Ikterus) => in etwa 5% der Fälle
- Schnupfen
- Husten
- Augentränen
- Hautausschlag
- Meningitis (Hirnhautentzündung) mit Lichtscheu
- Hals-, Kopf-, Glieder- und Muskelschmerzen
- allgemeines Erschöpfungsgefühl und Abgeschlagenheit
- Meningoenzephalitis (Hirn- und Hirnhautentzündung)
- Mylagien
- Polyneuritis
- Guillain-Barré-Syndrom
- Exanthemen-Thrombozytopenie
- Myokarditis
- Perikarditis
- interstitielle Pneumonie (Lungenentzündung)
- Glomerulonephritis
- Haarleukoplakie
Neben dem klassischen Pfeifferschen Drüsenfieber können EBV-Infektionen in Einzelfällen auch chronisch verlaufen. Die chronische akute EBV-Infektion zeichnet sich aus durch wiederholte Fieberschübe, eine Milzvergrößerung (Splenomegalie), Hepatitis, Viruspneumonie (Lungenentzündung), Lymphknotenschwellungen und Arthralgien. Auch ein chronisches Müdigkeitssyndrom kann durch EBV ausgelöst werden.
Diagnostik
Das klinische Bild des Pfeifferschen Drüsenfiebers ist mit der Symptomtrias relativ eindrücklich und häufig erfolgt die Diagnosestellung bereits anhand der Klinik. Da jedoch viele Infektionen asymptomatisch oder mit einer Myriade an anderen Symptomen verlaufen können und anderen Krankheitsbildern stark ähneln, sollte auch an andere Differentialdiagnosen gedacht werden. Dazu zählen die gewöhnliche Streptokokkenangina, eine akute HIV-Krankheit, die Angina Plaut Vincenti, Diphtherie, Cytomegalievirus-Infektionen, Agranulozytose und die akute Leukämie. Wichtig ist, bei einer möglichen Streptokokkenangina auch an das Pfeiffersche Drüsenfieber zu denken. Die Streptokokkenangina wird üblicherweise mit Aminopenicillinen behandelt. Werden diese fälschlicherweise bei Pfeifferschem Drüsenfieber verabreicht, kann es zu einem Arzneimittelexanthem kommen. Deshalb sind Aminopenicilline bei EBV-Infektionen kontraindiziert.
Labor
Den EBV-Nachweis erbringt die Laboruntersuchung. Im Blut können Lactatdehydrogenase (LDH) und Transaminasen erhöht sein. Ist der Wolf-Quotient (Lymphozyten/Leukozytenzahl) größer als 0,35 spricht dies ebenfalls für eine infektiöse Mononukleose. Im Blutausstrich ist die Lymphozytose mit 40-90% atypischen Lymphozyten gut zu erkennen. Zusätzlich treten sogenannte Pfeiffer-Zellen auf. Diese Virozyten sind aktivierte zytotoxische T-Lymphozyten.
Serologisch wird im Labor neben der Blutuntersuchung noch der Antikörpernachweis für eine EBV-Infektion erbracht. Bei einer akuten EBV-Infektion sind die Antikörper gegen Virkuskapsidantigen (Anti-VCA) vom Typ IgM und IgG erhöht, Antikörper gegen das Eppstein-Barr-Virus-Nuclear-Antigen (Anti-EBNA-1 (IgG)) ist negativ. Schnelle Information kann auch die Paul-Bunnel-Reaktion im Schnelltest liefern. Bei 80% der Erwachsenen schlägt der Test an, bei Kindern jedoch nur in der Hälfte der Fälle. Den eindeutigen Nachweis erbringt nur die serologische Laboruntersuchung. Eine frühere EBV-Infektion unterscheidet sich von einer frischen durch positive Anti-VCA-p18-IgG- und Anti-EBNA-1-IgG-Werte. In diesem Fall sind Anti-EBV-VCA und Anti-EBV-EA negativ.

EBV-Serologie bei Infektiöser Mononukleose.
Therapie
Wie bei vielen viralen Erkrankungen wird auch das Pfeiffersche Drüsenfieber ausschließlich symptomatisch behandelt. Erkrankte sollen sich körperlich für mindestens sechs Wochen schonen, ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen und gegebenenfalls fieber- und schmerzlindernde Mittel wie Paracetamol einnehmen. Bei schwerem Verlauf oder komplizierenden Zusatzsymptomen kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig werden. Die Therapie richtet sich dann nach den zusätzlichen Symptomen.
Tritt im Rahmen der EBV-Infektion eine Haarleukoplakie auf, kann eine Therapie mit Aciclovir versucht werden.
Prognose
Pfeiffersches Drüsenfieber heilt bei immunkompetenten Patienten meist komplikationslos aus. Es ist allerdings langwierig. Immungeschwächte können schwere Verläufe haben und krankenhauspflichtig werden.
In Einzelfällen können Komplikationen oder Folgeerkrankungen auftreten. Dazu zählt die sehr seltene Milzruptur bei Milzschwellung (Splenomegalie). Sie ist akut behandlungsbedürftig und kann tödlich enden. Auch Nierenversagen und Peri- oder Myokarditis können auftreten. Treten andere Folgeerkrankungen und Komplikationen wie das Guillain-Barré-Syndrom oder eine Meningoenzephalitis auf oder das infektassoziierte hämophagozytische Syndrom, richtet sich die Prognose nach diesen Folgeerkrankungen und Komplikationen.
Männer mit einem angeborenen X-linked lymphoproliferativen Syndrom, haben eine schlechte Prognose, da sie häufig schwere Verläufe der Mononukleose ausbilden. Im akuten Stadium liegt die Sterblichkeit hier bei etwa 70%.
Weitere Komplikationen einer EBV-Infektion sind die assoziierten Malignome bzw. EBV-assoziierten Tumoren. In Afrika löst das EBV vermutlich alle Fälle des endemischen Burkitt-Lymphoms, ein Non-Hodgkin-Lymphom, aus. Weltweit tritt es nur sporadisch auf und ist zu etwa 15% mit EBV assoziiert. Weitere assoziierte Malignome sind das Transplantations-assoziierte B-Zell-Lymphom mit einer schlechten Prognose, das Nasopharynxkarzinom, der Morbus Hodgkin und die orale Haarleukoplakie, die vor allem bei HIV-Patienten auftritt.
Prophylaxe
EBV wird per Tröpfcheninfektion übertragen. Um zu verhindern, dass man sich ansteckt, sollte der Kontakt zu akut kranken Personen gemieden werden und vor allem auf Körperkontakt verzichtet werden. Eine Impfung gegen EBV gibt es derzeit nicht.
Hinweise
Das Pfeiffersche Drüsenfieber wird durch EBV ausgelöst und per Tröpfcheninfektion übertragen. Deshalb sollte der Kontakt zu Erkrankten gemieden werden.In sehr seltenen Fällen kann es aufgrund der Milzschwellung zu einer Milzruptur kommen.EBV ähnelt von den Symptomen her einer Tonsillitis. Ist nicht klar, ob es sich um eine Tonsillitis oder eine EBV-Infektion handelt, sollte zunächst ein Abstrich gemacht werden, bevor Antibiotika verschrieben werden. Werden Ampicillin oder Amoxicillin fälschlicherweise bei einer EBV-Infektion gegeben, kann ein Arzneimittelexanthem auftreten.
Fazit
- Typische klinische Befunde der Infektiösen Mononukleose (IM) umfassen Halsschmerzen, Lymphadenopathie, Fieber, Müdigkeit, Milz- oder Lebervergrößerung, Ikterus und eitrige Tonsillenbeläge. Diese Symptome treten vor allem bei Patientinnen und Patienten im Alter von 10 bis 30 Jahren auf.Etwa 15% der Patientinnen und Patienten mit Infektiöser Mononukleose (IM) zeigen eine atypische Klinik, bei der beispielsweise nur Müdigkeit auftritt.Typische Laborbefunde bei Infektiöser Mononukleose (IM) sind erhöhte Transaminasen (bei 80% der Patient/innen) und eine Lymphozytose (bei ca. 70%). Serologische Tests sollten in den ersten Wochen durchgeführt werden, um den Zusammenhang der Symptome mit einer IM zu datieren und zu beurteilen. EBNA IgG-Antikörper treten frühestens acht bis zwölf Wochen nach Symptombeginn auf und persistieren lebenslang.Infektiöse Mononukleose (IM) tritt gelegentlich auch bei Erwachsenen über 40 Jahren auf.
25% der Patientinnen und Patienten sind sechs Monate nach Symptombeginn immer noch müde. Frühzeitige Ermutigung und ein angepasstes Trainingsprogramm können die Heilung fördern.
Aufgrund der Gefahr einer Milzruptur sollte Sport für drei bis sechs Wochen vermieden werden, unabhängig von der klinisch bestimmten Milzgröße.
Infektiöse Mononukleose (IM) ist nicht hoch ansteckend. Besondere Hygienemaßnahmen sind daher nicht erforderlich und oft unrealistisch, da das Virus über mehrere Monate hinweg ausgeschieden werden kann.